Er schüppt. Räumt. Entrümpelt. – Andacht zum Hochwasser

Einen klaren Gedanken zu fassen, wo es seit langem (wenn überhaupt) nichts Vergleichbares gab – schwierig!  Worte zu finden für über 170 Tote, zerstörte Existenzen, weggespülte Orte, für Menschen, die alles verloren haben  – Journalisten und Politikerinnen kamen an die Grenze des Formulierbaren.

Und: Gott ins Spiel zu bringen … – auch das noch?

Andacht zum Hochwasser, Erlöserkirche Haltern, 23. Juli 2021

Manuskript

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm schrieb auf facebook kurz und knapp: „Gott ist mittendrin.“

 

Das war der Tageszeitung aus Berlin einen bissigen Einwurf wert:

„Der fehlte noch – Gott! In Flutzeiten will offenbar jeder ins Katastrophengebiet. […] „Gott ist mittendrin. […] „Als hätten die Flutopfer nicht genug damit zu tun, sich von der Gummistiefel-Armada der Politiker in Sicherheit zu bringen, werden sie jetzt auch noch von oben belästigt. Und was treibt Gott so? Schüppen? Räumen? Entrümpeln? Gott gibt den Im-Weg-Steher“, so die Tageszeitung aus Berlin.

 

Der spöttische Einwurf beinhaltet genau das, was ich von Gott sagen kann: Er schüppt. Er räumt. Er entrümpelt.

 

Oder genauer: Dort wo plötzlich in der größten Not Freiwillige bereitstehen, wo Nachbarn anpacken und sogar Fremde, wo Passanten einen abdriftenden Feuerwehrmann aus dem reißenden Bach ziehen – da wird deutlich, wie Gott sich zu uns Menschen stellt: helfend, tröstend, liebend.

 

Gott wirkt doch nicht „von oben“ ein, wie die taz schreibt. Ich muss ihn nicht ins Spiel bringen, sondern er ist schon da: Er wirkt dort und wird dort erkennbar, wo Menschen einander helfen, trösten, Nächstenliebe üben.

 

Nun geht es nicht primär um Gott in dieser Katastrophe, erst recht nicht um einen Gottesbeweis. Aber es geht mir um diese wundersamen Erfahrungen, die es eben auch gibt: Menschen schöpfen dem buchstäbliche Nichts Hoffnung. Die Tränen mischen sich mit Freudentränen über die Helfer. Den Menschen fliegen Kräfte zu, von denen sie nichts wussten.

 

Als Christinnen und Christen nehmen wir den Menschen in den Blick, spenden, beten, helfen – und so erfahren wir von Gott, von dem gesagt ist: Was ihr einem meiner geringsten Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.

 

Er ist es, wenn die Menschen schüppen, räumen, entrümpeln. Gott ist kein Im-Weg-Steher. Er ist Weg.

 

II.

Fühlten wir uns zu sicher?

Merken wir jetzt, dass etwas nicht mehr stimmt in dieser Welt, es auch in Deutschland nicht mehr „reibungslos läuft“ und das Leben nicht mehr sicher ist, wie Dirk Messner vom Bundesumweltamt sagt?

Solche Wetterereignisse kommen häufiger und heftiger vor.

 

Der erste Bericht des Club of Rome, der über den menschengemachten Klimawandel berichtete, ist so alt wie ich selbst. Wir wissen es.

 

Wie gehen wir mit Gottes Schöpfung um?

 

In der Wochenzeitung Zeit standen drei markante Sätze. Sie treffen wohl ungewollt in den Kern christlicher Ethik:

 

  1. Satz: „Wer sich Zeit nimmt, raubt sie anderen.“

Tatsächlich, wir haben die Erde von unseren Enkeln nur geliehen: Geliehen ist der Stern, auf dem wir leben. Wie können zukünftige Generationen noch gut auf der Erde leben? „Die Väter haben Trauben gegessen, und den Kinder sind die Zähne stumpf geworden.“ (Hes 18)

 

  1. Satz: „Ein Schritt in die richtige Richtung im falschen Tempo ist ein falscher Schritt.“

Wie viel Zeit bleibt noch, wirkungsvoll einzugreifen? Und wie ist die Bereitschaft, wirklich die Lebensweise zu ändern?

 

„Freiheit ohne Klimapolitik ist eine Illusion, eine verfassungswidrige obendrein.“

Viele fürchten Entscheidungen, die ihre persönliche Freiheit einschränken – die Freiheit, Auto zu fahren, zu fliegen, Fleisch zu essen. Ich merke, dass sich meine Freiheit dadurch einschränkt, die Sommer häufiger 40 Grad haben und auch in Europa das Trinkwasser knapp wird.

 

Gerade im ersten Testament gibt Gott die Verheißung auf gutes Leben von einer Generation zur nächsten weiter. Die Bibel beginnt mit dem wunderschönen Mythos, dass Gott die Welt geschaffen und wohl geordnet hat. Doch schnell ermächtigt sich der Mensch über diese Schöpfung.

 

Wie gelingt ein gutes Leben in Harmonie mit der Schöpfung?