Gottes Mitteilung, unser Tweet… – Weihnachtspredigt 2018

Was wäre über dieses Jahr Weihnachten zu twittern?

Was wäre unsere Kurzmitteilung heute? Gäbe es einen besonderen Hashtag, ein Schlagwort, wie Sie die Heilige Nacht empfinden? Was verdichtet sich in dieser Nacht, wo wir in allen den anderen Nächten versuchen, aus unseren Alltagsthemen und Alltagsgedanken heraus in den Schlaf zu kommen?

Im heutigen Predigttext aus 1Tim 3 breitet Timoteus verschiedene Regeln für der jungen Gemeinden aus, welche Berufsgruppe es geben soll, wie gebetet werden soll, wie das Zusammenleben von Männern und Frauen sein kann. Dann dann wendet er kurz und bündig den Blick weg von dem Alltag auf eine verdichtete Botschaft und bringt es auf den Punkt – übrigens genau in der Länge eines Tweets von 224 von 280 möglichen Zeichen

 

Und groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens: Er ist offenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit.

 

II.

„Er“: Das ist Jesus, der Christus. Eckstein all unserer (Gedanken-)Gebäude, Licht der Welt, gerade in unseren Dunkelheiten, der gute Hirte gerade in allem Suchen nach dem richtigen Weg.

 

Weihnachten ohne den Hashtag „Jesus von Nazareth“ gibt es nicht.

 

Wenn es kurz und bündig und verdichtet wird, sprechen wir von einem Bekenntnis. Nichts anderes ist dieser Text – und so sehr Timoteus sich zum menschgewordenen Heiland bekennt, so sehr ist es eine empfangende, passive Haltung:

 

Er wird geboren (keiner kann sich selbst gebären!).

Der Gottessohn wird gerechtfertigt und gepredigt.

Er wird geglaubt und schließlich aufgenommen in Herrlichkeit.

 

Weihnachten produzieren wir nicht selbst.

Wir werden beschenkt.

 

Im Bild der neuen Medien gesprochen: Wir müssen erst einmal gar nicht senden, uns selber einen Sinn zusammenreimen, sondern: Wir empfangen eine gute Nachricht. Wir erhalten eine Mitteilung. Gottes Selbst-Mitteilung.

 

Geheimnisvoll treten auseinander Gott-Vater, der Schöpfer von Himmel und Erde, der sich selbst entäußert, und der Gottessohn, nun selber Geschöpf, geboren in Knechtsgestalt, also um dienstbar zu sein unter den Menschen.

 

Dazu tut keiner etwas: kein Hirte, dem in seine Furcht hinein die Klarheit des Herrn leuchtet. Keiner der Weisen, die bei allem aktiven Wandern doch letztlich vom Stern geführt werden. Alles passiv!

 

Selbst Gott unterbricht sich: Er lässt alle souveräne Aktivität und Macht fahren, um von einer einfachen Frau geboren zu werden. Er macht sich verletzlich, und ist doch voller Möglichkeiten wie jedes menschliche Kind – zu aller erst, um den Menschen durch die Geburt Freude zu machen und Hoffnung auf Zukunft. Das bewirken Kinder!

 

Gott macht sein Schicksal in diesem Moment abhängig vom Menschen, der ihm Gutes tun kann (so wie Hirten oder Weise) oder der ihn bedrohen kann (so wie Herodes, der schon die Messer wetzt). Er setzt sich der Zeit aus, „in der Qurinius Statthalter von Syrien war“ – eine schwierige Zeit. Und ganz konkret wird berichtet, dass Jesus am 8. Tag beschnitten wird: Gott wird Mitglied einer Weltreligion … Nicht umsonst rahmen die weltpolitische Einordnung und die religiöse Notiz die Geburtsgeschichte: Gott wird konkret!

 

Gott geht seinen Weg nicht an dieser Welt vorbei, sondern den Weg in diese Welt hinein. Er verbindet sich ganz mit uns, mit Haut und Haar. Das meint für mich der alte Glaubenssatz „Offenbart im Fleisch“ – ein analoger Gott für eine digitale Welt …

 

Gleichzeitig bleibt Gott ganz der himmlische, der ganz andere Gott – auch das steht im Tweet, im Bekenntnis des Timeoteus: Gott bleibt auch in menschlicher Gestalt Gott, der Retter.

 

Die Wortpaare in unserem Text sind ein Hin und Her zwischen Himmel und Erde, als wollten die Worte die weihnachtliche Bewegung Gottes nachahmen: „Fleisch geworden“, „den Völkern gepredigt“, „geglaubt in der Welt“ – das drückt die Bewegung Gottes aus dem Himmel auf die Erde aus.

 

Dazu kommt „Gerechtfertigt im Geist“ (Geist als Gegenbegriff zum Fleisch!), „erschienen den Engeln“ und „aufgenommen in die Herrlichkeit“: die Bewegung, die die Menschen nach oben zieht.

 

Beide Bewegungen, beide Orte bedingen sich. Wäre Gott nur Fleisch geworden – wo wäre die Rettung?

 

„Fleisch“ sind wir Menschen selber genug, auch im wörtlichen Sinne: begrenzt und endlich, oft auf uns selbst fixiert, ohnmächtig und schwach oder größenwahnsinnig. Da hätte die Botschaft von Weihnachten kaum Folower …

 

Gott hat in Jesus „Fleisch“ angenommen, damit wir es mit dem Geist Gottes zu tun bekommen, also genau davon absehen können, wir am Menschen zerstörerisch und selbstzerstörerisch sehen. Das wird überwunden, in dem dieser fleischgewordene Sohn Gottes „in Herrlichkeit“ aufgenommen wird. Einfach gesagt: „Fürchtet euch nicht, siehe ich verkündige euch große Freude“, jubiliert der Deuteengel.

 

Und anders herum gedacht: Wäre Gott nur auf seinem himmlischen Thron geblieben, in göttlicher Erhabenheit? Wie sollten wir uns an Gott hänge mit allen menschlichen Gefühlen, wenn wir nicht sicher sein könnten, dass er sie kennt und versteht? Gott wäre buchstäblich der Welt enthoben!

 

 

III.

Die empfangene Nachricht „Gott wird Mensch – und der Mensch gerettet“– sie reizt zum „Antworten an alle“, zum „Weiterleiten“: Was verdichtet sich für uns an Weihnachten? Wie bringen wir in eine Kurzmitteilung? Welche Whatsapp haben wir heute schon abgesetzt und damit ja auch etwas von unseren Gefühlen und von unseren Haltungen zu Weihnachten – verdichtet – weitergesendet?

 

Was sagen wir uns persönlich, ganz analog, „fleischgeworden“ quasi?

 

Für mich ist die Weihnachtsbotschaft immer noch diese wirkmächtige Verknüpfung von Himmel und Erde.

 

Gott wird Mensch. Und Wir Menschen sind gerettet.

 

Gott wird Mensch und macht sich schutzlos – wird in den Schutzlosen, Verletzlichen, Heimatlosen sogar selber erkennbar (Mt 25): Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.

 

Und – die andere Richtung: Gott zieht durch seine Menschwerdung den Menschen empor, macht ihn unendlich wertvoll, jeden einzelnen, unabhängig von Leistung, Gesundheit, Alter, Herkunft. Quasi eine immer neue himmlische Unterstreichung der Menschenrechte, die in diesen Tagen 70 Jahre alt geworden sind. Was dort „Würde“ heißt, ist weihnachtlich gewendet „gerechtfertigt im Geist Gottes“.

 

Also, ich versuche konkret meinen Tweet:

„Gott wird Mensch. Wir Menschen sind gerettet. Frohe Weihnachten, allen Menschen dieser Stadt und der Welt. #Jesus Christus #Mensch #Himmlischer Friede. Amen.