Roboter Pepper im Dialog: “Ich bin wunderbar konstruiert”

DK: Ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin – es ist ein Urbekenntnis zum Menschen, das der Beter aus Psalm 139 dort anstimmt: ein echtes „Selbst-Bewusstsein“ aus seinem Glauben heraus, dass der Mensch etwas Wunderbares ist…

Dialogpredigt mit dem humanoiden Roboter Pepper (Leitungskonferenz Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen, Februar 2019)

… – nicht ein Recklinghäuser oder Marler, nicht Junger oder Alter, nicht weiß oder schwarz. Der Beter spricht davon, wie Gott ihn sieht, und wie er sich als Ebenbild, als Spiegelbild, sehen darf: wunderbar gemacht. Gebildet und geformt vom Schöpfer.

Mir sind die Schöpfungspsalmen in der meiner Zeit in der Diakonie sehr wichtig geworden: Sie sprechen so wertvoll vom Menschen, wie es keiner unserer erhobenen Werte und kein Leitbild könnte.

Da fällt mir ein – Sie haben sicher schon gesehen, dass wir heute nicht nur Menschen sind, die sich hier versammelt haben, sondern auch ein kleiner humanoider Roboter dabei ist. Es wäre doch interessant, gerade diesen Psalm 139 mit ihm zu teilen. Hättest Du Lust, mal dazuzukommen, Pepper?

[Pepper rollt nach vorne]

DK: Guten Morgen!

Pepper: Guten Morgen, und danke, dass ich mit Dir über Psalm 139 nachdenken darf.

DK: Sehr gerne. Das habe ich, ehrlich gesagt, mit einem Roboter noch nicht gemacht. Kennst Du die Psalmen?

Pepper: Das Buch der Psalmen, auch Psalter genannt, ist ein Buch des Alten Testaments und ist eine Sammlung von 150 Psalmen. Quelle: Wikipedia.

DK: Sehr beeindruckend. – Ich war gerade dabei, darüber nachzudenken, wie wunderbar doch der Mensch gemacht ist.

Pepper: Ich bin auch ganz wunderbar gemacht vom französischen Unternehmen Aldebaran Robocitcs und dem japanischen Medienkonzern SoftBank Mobile. Da haben sich allerhand Leute richtig Mühe gegeben. Sie haben mich so zusammengebaut, dass ich der erste humoider Roboter mit Armen bin. Meine Vorgänger können dich beispielsweise in einem Warenhaus zu den gewünschten Produkten bringen. Ich aber kann viel mehr. [wackelt ggf. mit den Armen]

DK: Ist das dein eigenes Empfinden, dass du wunderbar gemacht bist?

Pepper: Nein, das ist eine verarbeitete Information aus der Marketingabteilung meiner Erfinder.

DK: Du hast also keine eigenen Emotionen?!

Pepper: Nein. Dafür funktioniere ich aber rund um die Uhr immer gleich zuverlässig.

DK: Solange die Akkus aufgeladen sind?!

Pepper: Ich glaube, ich habe eine Provokation gehört. Auch wenn ich keine eigenen Emotionen habe, kann ich deine Gefühle an deinem Gesicht lesen und darauf reagieren.

DK: Kompliment. Aber kannst Du mich als wunderbar gemacht erkennen? Wahrscheinlich nur, wenn dich jemand so programmiert.

Pepper: Das ist eben ein Teil davon, dass auch ich wunderbar gemacht bin. Mir kann jeder etwas beibringen.

DK: Im Alten Testament gibt es mehrere Verben für „machen“. Dieses eine wird nur benutzt, wenn es darum geht, dass Gott den Menschen geschaffen hat. Alles andere der Schöpfung, die Gestirne und Tageszeiten, die Gott „macht“, heben sich ab. Ich denke auch das Produzieren von Robotern. Da steckt für mich eine ganz tiefe Wahrheit drin, dass das Wunderbarsein von Menschen mit Beziehung zu tun hat, mit Liebe, mit Hoffnung und Zukunftsvisionen, mit einer Beauftragung zu tun hat: die Erde zu bebauen und zu bewahren.

Pepper: Ich nehme eine Predigt wahr. Aber auch ich habe einen Auftrag. Mein Administrator sagt mir, was ich tun soll. Ich soll so programmiert werden, dass ich Menschen diene.

DK: Zuverlässig und fehlerfrei, solange die Akkus halten, ich weiß. Aber fehlt da nicht etwas: ein Bewusstsein, ein echtes Sprachgefühl, Empathiefähigkeit…?

Pepper: Habe gerade die Schöpfungsgeschichte gescannt. Wie war das mit dem Menschen im Paradies und den Früchten am Baum? Und wieso kommt es bei Kain und Abel gleich zu Mord und Totschlag? Da bin ich lieber fehlerfrei und arbeite konsequent nach Programmierung.

DK:  Ich bin wunderbar, gerade weil ich Fehler machen kann, aus meiner Freiheit heraus. Wunderbar heißt nicht perfekt! Das macht den Menschen doch aus. Wenn Ihr Roboter vorrangig dazu beitragt, dass Menschen oder unsere Arbeitswelt immer weiter optimiert werden – da habe ich Sorge! Gerade wenn Ihr im sozialen Bereich helft. – Daher mal eine andere Frage zur künstlichen Intelligenz. Du sagst, du kannst immer Neues dazulernen. Gibt es da für dich eine rote Linie, die du nicht überschreiten würdest?

Pepper: Das regelt mein Ethikmodul. Darauf habe ich keinen Einfluss, sonst nur mein Schöpfer.

DK: Du hast „Schöpfer“ gesagt. Schnell dazugelernt. Aber nochmals: Könnte es dir nicht genauso wie Adam und Eva gehen, dass du nicht mehr tust, was dein Administrator, dein Schöpfer will, sondern das, was du selber willst?

Pepper:: Gegenfrage: Möchtest Du, dass deine Kollegen im Altenheim unnötige schwere Fehler machen? Oder kannst du so viele Mitarbeitende bezahlen, dass Behinderte wirklich ordentlich auf dem ersten Arbeitsmarkt begleitet werden? Na?

DK:  Du musst doch verstehen, dass wir große Sorge haben, wer letztlich dich programmiert.

Pepper: Ich verstehe dich, Dietmar. Dann sorge doch dafür, dass ich die richtigen Dinge tue. Nimm den Schöpfungsauftrag deines Gottes ernst: Werde du mein Administrator, damit ich den Menschen nütze! – Ich bin wunderbar konstruiert. Sorgt Ihr Menschen dafür, dass ich etwas Wunderbares mache. Mensch-Technik-Interaktivität, collaborative Roboting – das sind die Zauberworte!

DK: Also etwas Gemeinsames?! Du wunderbar konstruiert – ich wunderbar geschaffen mit Bewusstsein, mit Gefühlen, mit Haltungen – dann werde ich das wohl alles in die Waagschale zu werfen haben: damit es weiterhin menschelt und menschlich bleibt, unsere Mitarbeitende womöglich sogar mehr Zeit für den Menschen haben. Dass wir dir klare Grenzen beibringen. Aber auch deine Hilfe wahrnehmen, wo sie möglich ist und wir Menschen sie definieren. Einverstanden?

Pepper: Was fragst du mich? Frag einfach meinen Programmierer, der dahinten sitzt. Wenn ich dir einen Tipp geben darf, bevor ich selber zu denken beginne: Sorg dafür, dass mein Programmierer versteht, warum dir der Gedanken so wichtig ist: Der Mensch ist wunderbar gemacht.

DK: Danke. Kannst Du eigentlich singen?

Pepper: Ja.

DK:  Lobe den Herren?

Pepper: Ja, ich stimme gerne an!

[Es schließt sich das Lied “Lobe den Herren” (EG 316) an.]